Besonderes Vorkommnis: Maskottchen lehnt kopflos am Zaun
»90 Minuten Hardcore. Echte Gefühle.« In Linz schließt das einzige »Bang, Boom, Bang« mal wieder nur der Gegner, nämlich in Form von drei fein herausgespielten Toren. Schade daran: Dass das nur circa 10 Gästefans aus Grödig auf der Haupttribüne des 25.000 Zuschauer fassenden Linzer Stadions mitfeieren. — Von Heiko Rothenpieler
Bezeichnend für die Blau-Weißen ist das Tor durch Stürmer Pavlov. Ein Spieler, der in Sprintduellen froh sein kann, dass abseits der Werbebande keine Balljungen mitlaufen.
Als dann noch der inzwischen 36-jährige Ex-Adler Stefan Lexa in der 82. Minute vom ehemaligen Schalker „Fußballgott“ und heutigen Co-Trainer des SV Grödig Edi Glieder (16 Spiele, zwei Tore) zur Einwechslung heran gewunken wird, stellt man sich so langsam aber sicher die Frage, was eigentlich die Heimherren so zu bieten haben: Acht gelbe Karten.
Bei so viel Krampf ohne Kampf, bleibt kaum Zeit, die tapferen 1.300 Zuschauer zu beobachten, die erst laut sangen, dann leise klatschten und nach Abpfiff ihre blau-weißen Mannen mit leidenschaftlichen Frustgefühlen in Form von »Schnauze voll«-Gesängen in die Kabine zu schicken. Bei vier Punkten aus neun Partien kann man bei Nieselregen und 7 °C verstehen, dass zu Glücksgefühlen eines Fans mehr gehört als eine Bratwurst.
Wo wir gerade bei schlecht gelaunten Fans sind, muss ich an dieser Stelle ein Politikum ansprechen, welches für Fankultur im Allgemeinen nicht uninteressant ist. Trotz Neutralität bekomme ich eine ganze Welle an Empörung gegenüber der Stadt Linz mit, die sich in der Öffentlichkeit gerne als »Sportstadt Linz« charakterisiert. Dieser stolze Ausruf steht auch in Großbuchstaben unter dem Haupttribünendach des Linzer Stadions.
Der zahlenmäßig größere Stadtrivale LASK, der seine Spiele ebenfalls im Linzer Stadion austrägt, erlag 2012 einem Zwangsabstieg in die Amateurliga. Die Kassen leer, die sportliche Zukunft ungewiss, unterstützte die Stadt den Fußballbetrieb mit einer Stadionmiete, die man ebenso in Goldbarren zum Amt bringen könnte. Da dies beide Vereine betrifft und die veranschlagten Kosten nicht gedeckt werden können, titelte »nachrichten.at« am 10. Oktober 2012: »LASK muss raus, Blau-Weiß will nicht rein«. Der LASK muss die Wohnung räumen, die Blau-Weißen kämpfen darum, die »Trainingsplätze bezahlen zu können«.
Dass bei solchen Vetternwirtschaftskriegen die lokale Presse nicht mit negativen Superlativen geizt, ist vorprogrammiert. So wird Linz als »Anti-Sportstadt« zerrissen und der Lächerlichkeit in ganz Österreich verhöhnt. Nein, da schmeckt bei Niederlagen nicht mal mehr die Bratwurst.
Bratwurst: 3 Euro, sehr gut – extrem knackig, toller Senf, leider etwas klein und Brötchen zu dick
Bier: 3,60 Euro, befriedigend – gut gezapft, nur bis zur Hälfte süffig
Stehplatz: 7 Euro
Tore: 0:1 Witteveen (37.), 1:1 Pavlov (45.), 1:2 Witteveen (84.), 1:3 Santos (90.)
Besondere Vorkommnisse: Guselbauer sieht gelb-rote Karte (90.+1), Maskottchen lehnt kopflos am Zaun (88.)
Autor:
Heiko Rothenpieler (Schottische Furche)
Bild:
Heiko Rothenpieler (Schottische Furche)